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Stoppt Femizide – Europäische Frauenrechtsaktivistinnen* gemeinsam im Kampf gegen Frauen*morde

Der Bericht zur Konferenz „Stoppt Femizide – Effektiv gegen Frauen*morde in der Europäischen Union“ am 6. November 2020

Auf der ganzen Welt werden täglich 137 Frauen* von einem Mitglied ihrer eigenen Familie oder ihrem Ex-Partner getötet, weil sie Frauen* sind.1 Dies sind pro Jahr etwa 50.000 Opfer – die Dunkelziffer ist deutlich höher.

Anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November und des Treffens der EU-Gleichstellungsminister*innen, veranstaltete DaMigra am 6. November 2020 in Kooperation mit der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland einen internationalen Expertinnen*tisch zum Thema Femizide. Pandemiebedingt wurde die Veranstaltung in ein Online-Format umgewandelt, so dass die Veranstaltung in den virtuellen Räumen der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland stattfand.

Zahlreiche Feminist*innen aus ganz Europa kamen zusammen, um eine gemeinsame europäische Strategie des Gewaltschutzes zu entwickeln und einen gemeinsamen Forderungskatalog mit dem Titel „Stoppt Femizide!“ zu erstellen, den Sie in vielen verschiedenen Sprachen in ihre Länder tragen und an Entscheidungsträger*innen in der Politik überreichen.

Die Veranstaltung war geprägt von starker Frauen*power und geballtem Empowerment. Unsere gemeinsamen Forderungen sind erst der Anfang!

Unsere Vorstandsfrau Kook-Nam Cho-Ruwwe begrüßte die Expertinnen* und Gäste aus über zehn Ländern mit den folgenden Worten:

„Es sind patriarchale Machtstrukturen und Hierarchien, die Regeln und Rollen für Frauen* und Mädchen* schaffen und weitere geschlechtliche Identitäten verleugnen. Es sind patriarchale Machtstrukturen und Hierarchien, die den einen Rechte geben und den anderen verweigern. Es sind patriarchale Machtstrukturen und Hierarchien, die Frauen* und Mädchen* das Leben kosten: Es sind 50.000 im Jahr, 137 am Tag. Alle 10 Minuten wird eine Frau* oder ein Mädchen* von einem Familienmitglied oder Ex-Partner getötet. Das sagen die offiziellen Zahlen – die Dunkelziffer ist viel höher. Wenn Frauen* und Mädchen* nicht über sich selbst bestimmen können, ist dies geschlechtsspezifische Gewalt. Wenn Frauen* und Mädchen* getötet werden, weil sie ihren Lebensentwurf selbstbestimmen wollen, ist das ein Femizid.“

Welche Maßnahmen sind vorhanden und wie effektiv sind diese in den jeweiligen Ländern zur Bekämpfung von Femiziden? Zu welchen Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen sind europäische Staaten gemäß der Istanbul-Konvention verpflichtet, um Frauen*morde zu verhindern? Welche Instrumente und Maßnahmen sind geeignet, um dieses Verbrechen an der Menschheit im Europa des 21. Jahrhunderts zu beenden?

Evgenia Zarakosta vom Research Centre of Women’s Affairs in Griechenland betonte:

„Das Private ist politisch. Daher müssen Frauenhäuser für ALLE Frauen* geschaffen werden. Geflüchtete und Migrantinnen* sind schon während der Flucht oder im Herkunftsland Gewalt ausgesetzt. Wir brauchen größere Kapazitäten, um präventiv eingreifen zu können. Wir müssen das Patriarchat herausfordern und Gleichberechtigung fördern!“

Maria Noichl, MdEP, Deutschland:

„Grundsätze der EU und Demokratie werden aufs Spiel gesetzt, wenn Gewalt gegen Frauen* toleriert wird. Immer mehr sehen wir, dass in denen Mitgliedsländern, in denen Demokratie verloren geht, zuallererst Frauen*rechte verloren gehen. Dagegen müssen wir konsequent vorgehen!“

So gibt es u.a. in Italien und Griechenland Probleme geschlechtsspezifische Aufnahmeeinrichtungen für Frauen* zur Verfügung zu stellen.

„Wenn Frauen zu uns kommen und um Asyl bitten, dann berücksichtigen sie bei der Antragstellung nicht, dass sie Frauen sind und bestimmte Bedürfnisse haben. Oft sind sie schwanger und 99% der Frauen, die in Italien ankommen wurden in verschiedener Weise missbraucht – in den Ländern, aus denen sie kommen, in den Transitländern oder auf der Flucht. Es ist schwierig geschlechtsspezifische Aufnahmebedingungen zu schaffen, auch weibliche Dolmetscherinnen* oder überhaupt weibliches Personal bereit zu stellen. Diejenigen die da sind, sollten zum Begriff Gewalt gegen Frauen geschult sein. In der Istanbul-Konvention ist die geschlechtsspezifische Gewalt ein Grund Asyl zu bekommen, aber die Durchsetzung ist sehr schwierig. Das ist überall in Europa der Fall.“ So Simona Lanzoni von der italienischen Organisation Fondazione Pangea onlus.

In Deutschland ist die Berichterstattung über Femizide oft gepaart mit sensationslustigen Bildern und Titeln, die der strukturellen Gewalt, die dahinter steht, in keiner Weise gerecht wird.

„Die Arbeit mit Bildern macht das Thema besonders schwierig. Zum einen können die Opfer nicht mehr sprechen, zum anderen möchte man den Täter nicht in den Vordergrund stellen,“ weiß auch Carolin Haentjes, Journalistin* in Deutschland. „Die Berichterstattung würde um einiges erleichtert werden, wenn der Straftatbestand Femizid bestünde. Denn wenn Urteile aufgrund von Femizid gefällt werden würden, wäre es viel einfacher darauf zu verweisen.“ so Haentjes.

Der im Rahmen der Konferenz gemeinsam mit den verschiedenen Expertinnen* entstandene Forderungskatalog macht die Lücken und Missstände im Kampf gegen Femizide in Europa deutlich. So umfasst er die Stimmen von zivilgesellschaftlichen Akteurinnen* aus Deutschland, Griechenland, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien, Türkei und Ungarn.

Forderungskatalog „Stoppt Femizide!“ in deutscher Sprache

Forderungskatalog „Stoppt Femizide!“ in englischer Sprache

Weitere Übersetzungen finden Sie hier.

 

Auch im Jahr 2021 werden wir uns mit unseren europäischen Partnerinnen* austauschen und gemeinsam gegen Femizide kämpfen! Zudem ist eine Folgeveranstaltung geplant.

 

Begriffe

Femizid: Geschlechtsbezogene Tötung von Frauen*/Mädchen*. Dabei ist die Gewalt/Tötung Ausdruck von Macht, Überlegenheit. Dies ist möglich durch patriarchale Strukturen und Hierarchien

Feminizid: Systematik geschlechtsspezifischer Tötungen mit Schwerpunkt auf Betrachtung der Verantwortung staatlicher Institutionen und Behörden innerhalb dieser Systematik

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