Tag der menschenwürdigen Arbeit: schlechte Arbeitsbedingungen auch in Deutschland überwinden
Um auf prekäre Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen, rief der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) erstmals 2008 den „Tag der menschenwürdigen Arbeit“ aus. Weltweit machen Menschen seitdem am 07. Oktober auf menschenunwürdige Arbeitsbedingungen aufmerksam, um diese zu überwinden. Auch 14 Jahre später weisen Gewerkschaften und Organisationen zurecht auf die weltweit fortbestehenden Missstände und Ausbeutung, insbesondere im sogenannten „Globalen Süden“ hin. Vor allem in der Textilbranche, aber auch im Bergbau, der Landwirtschaft und anderen Industrien sind Kinderarbeit, Lohnungerechtigkeiten sowie die menschenunwürdige Behandlung von Arbeitnehmer*innen nach wie vor präsent.
Prekäre Arbeitsverhältnisse und mangelnde Rechte für Arbeitnehmer*innen sind ein transnationales Problem, das sich auch in Deutschland und im Umgang der Bundesregierung zeigt.
Trotz der Schutzrechte, die im Laufe der Jahrzehnte von Arbeiter*innen hart erkämpft wurden, sind formalisierte und faire Arbeitsbedingungen weiterhin eine Seltenheit. Vor allem Migrantinnen und Menschen mit Fluchterfahrung sind Ausbeutung und prekären Arbeitsbedingungen ausgesetzt, da sie von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind. Eine massive Form der Ausbeutung finden sich unter anderem in den Bau- und Logistikbranche-, sowie Gastronomiebranche wieder. Arbeitnehmer*innen werden durch ihren unsicheren Aufenthaltsstatus, dem Druck, durch Migration ihre Lebensexistenz zu sichern und die damit einhergehende Hilflosigkeit, beispielsweise zur Zielscheibe für Menschenhandel. Fehlende existenzsichernde Löhne und unangemessene Arbeitszeiten sind dabei nur Teilfaktoren, die in der deutschen Berufswelt dazu führen, dass Arbeitnehmer*innen das Recht auf sichere Arbeit verwehrt wird.
Zudem hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bereits 2008 festgestellt, dass zwischen ausländischen und deutschen Frauen eine Lohnlücke von 20 % liegt. Aus den Rückmeldungen – besonders im Rahmen unseres MUT 3.0 -Projektes – erfahren wir, welchen unwürdigen Umgang sie im Arbeitsalltag erleiden:
- Migrantische Frauen sind meist nur prekär beschäftigt, vordergründig in Teilzeit, und oft in der Pflege
- Oft üben sie Jobs aus, für die sie überqualifiziert sind, weil diese ihnen vorwiegend von Arbeitsvermittlungsagenturen und -institutionen angeboten werden
- Sie arbeiten in transnationalen Care-Ketten für ökonomisch stärkere Familien, werden dabei jedoch aus ihrem Familienumfeld gerissen, sodass ihre eigenen Familien darunter leiden
- Nicht selten werden sie im Arbeitsalltag mit rassistischen und diskriminierenden Aussagen und Handlungen konfrontiert und sind massiven psychischen Belastungen ausgesetzt
- Migrantinnen werden aber auch als „Vielfalt-Fassade“ missbraucht, indem ihr eigentliches Potenzial und Selbstbestimmung in den Hintergrund rückt, ihre Einstellung aber als Aufbesserung des Unternehmen-Image fungiert.
- Aus dem Jahresbericht der neuen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung Ferda Ataman geht hervor, dass trans* und inter* Personen im Arbeitsleben verbalen und sexuellen Belästigungen ausgesetzt sind – oft im Zusammenhang mit dem Personenstandsrecht. So zum Beispiel, wenn Arbeitgeberinnen oder Kolleginnen den gewählten Geschlechtseintrag nicht akzeptieren.
Wir plädieren für die Durchsetzung und staatliche Gewährleistung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen für alle in Deutschland arbeitenden Menschen.
Um dieses Ziel zu erreichen, fordert DaMigra e.V in erster Linie eine umfassende Erweiterung und Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes (AGG), damit alle Bereiche, in denen Diskriminierung erlebt wird, von Betroffenen angeprangert werden können, Betroffene Zugang zu wirksamen Unterstützungsstrukturen haben und mit den Kosten für Beratung und rechtliche Wege nicht allein gelassen werden.
Auch fordern wir Betriebe auf, Arbeitsbedingungen humaner und familienfreundlicher zu gestalten. Dazu gehören flexible Arbeitszeiten, eine angemessene Entlohnung, aber und vor allem ein würdevoller Umgang mit Arbeitnehmer*innen. Neben der Wertschätzung der Kompetenzen müssen Arbeitgeber*innen bereit sein, eigene Strukturen zu hinterfragen und gegebenenfalls an einer innerbetrieblichen Sensibilisierung der Führungskräfte sowie Mitarbeiter*innen arbeiten, sodass Rassismus, Sexismus und Queer- sowie Transfeindlichkeit strukturellen Abbau erfahren. Menschen sollen dabei nicht als Aushängeschild für Diversität missbraucht werden.
DaMigra e. V. ist die Interessenvertretung von Migrantinnenselbstorganisationen und ihren Belangen und setzt sich für Chancengerechtigkeit, gleichberechtigte Teilhabe und für die Gleichstellung von Frauen mit Migrationsgeschichte und Fluchterfahrung in Deutschland ein. DaMigra verfolgt den Ansatz des Antirassistischen Feminismus.
Quellen: Opfer von Arbeitsausbeutung nach Beschäftigungsbereich 2020 | Statista
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