Weckruf: Diversity ist keine Marketingstrategie!
Wir brauchen mehr Aylas und Giorginas, statt Thomasse und Karls in unseren Landtagen!
Nach dem Start ins Superwahljahr feiern die Grünen in Baden-Württemberg und die SPD in Rheinland-Pfalz ihre Erfolge. Wir würden auch feiern, wären wir denn stärker repräsentiert in den neuen Landtagen! Doch Diversität ist unter den immer noch zu 75% aus Männern bestehenden Abgeordneten schwer zu finden. Selten trifft das Stereotyp des alten weißen Mannes so gut zu wie in deutschen Landesparlamenten.
14 von 154 Abgeordneten mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg
„Menschen mit ausländischen Wurzeln tragen zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereicherung eines weltoffenen und international ausgerichteten Baden-Württembergs bei“, heißt es im Integrationsbericht des Landes aus dem letzten Jahr.
Das klingt jedoch mehr als zynisch! Wie sollen gerade einmal 14 von 154 Abgeordneten – was einem Anteil von 9,1% entspricht – 33,8% der Bevölkerung repräsentieren? Die Zahlen und Verhältnisse sind schon lange klar– Menschen mit Migrationsgeschichte machen über ein Viertel der Gesellschaft aus und Frauen* die Hälfte. Doch auch nach über 100 Jahren Frauen*wahlrecht dominieren weiße Männer unsere Parlamente und rücken nur sehr widerwillig von ihren Plätzen.
Aber es geht noch absurder:
2 von 101 Abgeordneten mit Migrationshintergrund in Rheinland-Pfalz
Für Weltoffenheit und Teilhabe wirbt auch das rheinlandpfälzische Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf ihrer Webseite:
„Wir sind überzeugt, dass kulturelle Vielfalt unser Zusammenleben, unseren Alltag, unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft bereichert. Deshalb freuen wir uns, wenn Migrantinnen und Migranten ihr Wissen und Können, ihre Kultur und ihre Fähigkeiten einbringen.“
Wie nun aber 27% der Bevölkerung, die einen Migrationshintergrund haben, durch 2 Abgeordnete- die unter 2% ausmachen- im Landtag an politischen Entscheidungen des Landes mitwirken können, ist und bleibt fragwürdig! Innerhalb der letzten 15 Jahren hat es das Bundesland also gerade einmal geschafft ihren Anteil an Abgeordneten mit Migrationsgeschichte von 0% auf nicht einmal 2% zu erhöhen. Der Frauen*anteil ist mit dieser Wahl sogar noch gesunken und es befinden sich nur noch 34 Frauen* im Landesparlament.
Wie kann es also sein, dass wir uns im Jahr 2021 auf der einen Seite als Einwanderungsgesellschaft begreifen, in dem demokratische Rechte, wie Gleichberechtigung einen hohen Stellenwert haben, und auf der anderen Seite immer noch daran scheitern, die Diversität unserer Gesellschaft in den Landesparlamenten und entscheidenden Gremien abzubilden?
Die Karten müssen neu gemischt werden! Wenn Parlamente oder Räte die Vielfalt der Bevölkerung nicht repräsentieren, bedeutet es eine Schieflage, wie u. a. im Gender- und Diversity-Gap widergespiegelt wird. Unsere Parlamente müssen paritätisch und divers besetzt werden, damit möglichst alle Stimmen vertreten sind.
Wie können wir die Diskrepanz zwischen der Zusammensetzung unserer Parlamente sowie den Werten unseres Grundgesetzes erklären? Freiheit und Gleichheit gehören zu den Grundbegriffen unseres modernen Demokratieverständnisses und sind hierzulande im Grundgesetz fixiert. Sie gehören zu den Grund- und Menschenrechten und sollten eigentlich indiskutabel sein. Die Realität sieht jedoch anders aus. Manche sind freier und gleicher als andere!
Um dies zu verändern, fordern wir ein Paritätsgesetz, dass die tatsächliche Diversität der Gesellschaft widerspiegelt und unsere Demokratie und den Zusammenhalt in unser vielfältigen Einwanderungsgesellschaft stärkt!
Denn eine Demokratie kann nur dann stark sein, wenn die Stimmen und Interessen ALLER hier lebenden Menschen Gehör finden und sie sich repräsentiert sehen.
Daher brauchen wir ein Paritätsgesetz, dass intersektional-feministischen, als auch anti-rassistischen Werten folgt. Religion, Bildungsstand, Geschlechtsidentität, sexuelle Orientierung, körperliche Befähigung, soziales Milieu und vieles mehr müssen in ihrer Gleichzeitigkeit betrachtet werden, so wie es unser Grundgesetz Artikel 3 Absatz 2 und 3 einfordert.
Nur durch die Mitbestimmung aller können Interessenvertretung und Meinungsbild als integraler Bestandteil von Demokratien gewährleistet werden.
Außerdem brauchen wir die Bereitschaft der Thomasse, Karls und aller anderen Männer, die seit Jahrzehnten unsere Parlamente blockieren –
Platz zu machen für mehr Vielfalt in der Politik!
Der Dachverband der Migrantinnen*organisationen – DaMigra e.V.
DaMigra e.V. ist die Interessenvertretung von Migrantinnen*selbstorganisationen und ihren Belangen und setzt sich für Chancengerechtigkeit, gleichberechtigte Teilhabe und für die Gleichstellung von Frauen* mit Migrationsgeschichte und Fluchterfahrung in Deutschland ein. DaMigra verfolgt den Ansatz des Antirassistischen Feminismus.
Kontakt: presse@damigra.de
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