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Wie viele Morde noch, bis struktureller Rassismus konsequent und entschlossen entlarvt und bekämpft wird?

Berlin, 29.05.2023.

30 Jahre nach dem Mordanschlag auf die Familie Genç in Solingen, sehen wir immer noch rassistischen Hass, Anschläge und keine Aussicht auf Gerechtigkeit. Wir erinnern uns, fordern Konsequenzen und wünschen den Angehörigen die nötige Aufklärung.

Rassismus besteht fort und Anschläge, wie der von Solingen aus dem Jahr 1993, sind keine Einzelfälle. Es sind rassistische Kontinuitäten, die unsere Gesellschaft von Hoyerswerda, Rostock Lichtenhagen, über Mölln und Solingen bis zu den Anschlägen in Halle, in Hanau, und weitere, durchsetzen. Alle diese Fälle zeigen: Rassismus lebt und Rassismus tötet.

Heute gedenken wir vor allem den Menschen, die vor 30 Jahren auf brutalste Weise ihr Leben verloren haben. Wir erinnern uns an sie, die Überlebenden und ihre Angehörigen. Unter den Opfern waren die 28-jährige Gürsün İnce, die 18-jährige Hatice Genç, die neunjährige Hülya Genç, ihre vierjährige Schwester Saime sowie die zwölfjährige Gülüstan Öztürk.

Die Jahresbilanz der Opferberatungsstellen des Verbands für Beratungsstellen für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt zeigt, dass diese Gewalt zunimmt. Im Jahr 2022 wurden in zehn von 16 Bundesländern insgesamt 2.093 rechte, rassistisch und antisemitisch motivierte Angriffe registriert. Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffern deutlich höher sind. Trans- und Queerfeindliche Angriffe nehmen zu und forderten ein Todesopfer. Mindestens fünf Menschen werden jeden Tag Opfer rechts, rassistisch oder antisemitisch motivierter Gewalt. Diese Bilanz betont ebenso eine gravierende Untererfassung rechter Gewalt durch Strafverfolgungsbehörden – auch bei schweren Gewalttaten. Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus werden als Tatmotive durch Polizei und Justiz mangel- und lückenhaft erfasst und verfälschen, sowie verharmlosen das Ausmaß der Bedrohung und Dimensionen rechter Gewalt und lässt dadurch auch Betroffene im Stich.[1]

Heute fordern wir Gerechtigkeit für die Opfer und ihre Angehörigen, doch wir sind uns bewusst, dass dies niemals die erlittenen Verluste wiedergutmachen kann. „Die Täter dieses furchtbaren Anschlages sind seit vielen Jahren auf freiem Fuß. Das ist keine Gerechtigkeit. Rassismus und Rechtsextremismus sind tödlich! Sie müssen mit allen demokratischen Mitteln bekämpft werden. Dazu brauchen wir die gesamte Gesellschaft, die extremistischem Gedankengut in jeglichen Situationen entschieden entgegentritt!“, sagt Dr. Soraya Moket, stellvertretende Geschäftsführerin von DaMigra e.V. und Projektleitung des Antirassismusprojektes women rais.ed.

Es ist unerlässlich, dass rassistische Anschläge eine größere Sichtbarkeit in unserer Gesellschaft, im Bildungssystem und in der Politik erhalten. Nur wenn wir uns immer wieder bewusst machen, dass rassistische Ideologien zu Gewalt und sogar Mord führen können, werden wir die notwendigen Schritte unternehmen, um uns ihnen entschlossen entgegenzustellen und ihnen keinen Raum zu geben. Der Brandanschlag in Solingen bleibt auch nach 30 Jahren ein Mahnmal dafür, wie unzureichende Sichtbarkeit, mangelnde Aufarbeitung und fehlende Verfolgung einen fruchtbaren Nährboden für menschenfeindliche Ideologien bieten.

Wir fordern also weiterhin Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen für die Angehörigen und Überlebenden dieses schrecklichen Anschlags. Nur durch eine umfassende Auseinandersetzung mit strukturellem Rassismus können wir sicherstellen, dass sich solche Tragödien niemals wiederholen werden.

30 Jahre Solingen – Niemals vergessen!

DaMigra e.V. ist die Interessenvertretung von Migrantinnenselbstorganisationen und ihren Belangen und setzt sich für Chancengerechtigkeit, gleichberechtigte Teilhabe und für die Gleichstellung von Frauen mit Migrationsgeschichte und Fluchterfahrung in Deutschland ein. DaMigra verfolgt den Ansatz des Antirassistischen Feminismus.


[1] https://verband-brg.de/rechte-rassistische-und-antisemitische-gewalt-in-deutschland-2022-jahresbilanzen-der-opferberatungsstellen/

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